Unsere Gewinner*innen im November 2022

Wettbewerb im November 2022

Wir gratulieren Banu Beinhauer, Leonie Benson, Hanna Christel, John Frederik Lindenberg, Livia Ava Mahlmeister und Katharina Ringhoff! Ihr seid die Monatsgewinner*innen der Altersgruppe 10 – 14 zum Monatsthema „grau / aber ohne grauen“! In Anbetracht der bevorstehenden Weihnachtszeit fragten wir euch im November: Was ist schön und was ist aber auch nervig, wenn eure Familie aufeinandertrifft? Wir baten euch, uns eure erinnerungswürdigsten, peinlichsten, nervigsten, langweiligsten, traurigsten, berührendsten Situationen in Gedichtform zu schicken. Auch unsere Monatslyrikerin Julia Mantel, griff dieses Thema in ihrem von uns vorgestellten Monatsgedicht „kriftel/ts an weihnachten, (ohne) grau(en)“ auf

Eure Texte behandeln das Gefühl, sich im Kreise seiner Familie einsam, isoliert und unverstanden zu fühlen, sein wahres Ich verstecken zu müssen: „ein schritt durch die tür / ich verliere mich“, „Und heute frage ich mich, ob ich mich so fühlen darf. / […] Mir wurde so viel gesagt und ich habe jedem geglaubt.“ Sie beschreiben auch, wie es ist, wenn sich bei Familientreffen immer wieder dieselben Szenen abspielen und sich Erinnerungen nach und nach überlagern: Alle Jahre wieder / Trifft man sich zum Fest,
/ Singt dieselben Lieder, / gibt Gibt sich, dem Jahr den Rest.“, „Tief und schwarz / Groß und grau / Ist nun der Fleck / Der Fleck in den Erinnerungen“. Und ganz nach dem Motto „grau / aber ohne grauen“ gibt es auch versöhnliche Töne, die die Weihnachtszeit im Kreis der Familie als „wundervoll“ beschreiben und abschließend fragen: „Sollte nicht jeder Tag Weihnachten sein?“

wände ohne raum

Banu Beinhauer
2008

vier wände
ohne halt
der raum, in dem ich mich verloren habe.
ein schritt durch die tür
und ich falle
tiefer
tiefer
tiefer
dorthin, wohin ich damals gefallen bin
tiefer
tiefer
tiefer
dorthin, wo ich mich suchen soll
doch niemals finden werde
tote seelen sollte man nie suchen
wenn sie tot besser sind als lebend.

ein schritt durch die tür und sie werden mich sehen
werden denken, ich sei wieder da
denken
denken
denken
doch würden sie gefühle kennen, wüssten sie
ich bin nicht sie.
sie hat sich damals in luft aufgelöst
immer mehr zu nichts geworden.
ich bin nicht sie

ein schritt durch die tür
ich verliere mich
verliere
verliere
verliere mich.
nichts als eine erinnerung
eine erinnerung an sie
eine erinnerung an ihr leben.
dabei lebte sie schon längst nicht mehr

Dunkel und kalt

Leonie Benson
2008

Es wird dunkler,
Es wird kälter,
Draußen wird es leiser. 

Am Abend spielen keine Kinder mehr auf dem Spielplatz gegenüber.
Wenn ich aus dem Fenster schau, dann sehe ich kein Lachen mehr.
Wenn ich in den Spiegel schau, dann schau ich nicht genau hin. 

Denn in mir ist es dunkler und kälter.
Ich erscheine leiser, doch in mir ist es umso lauter.
Am Abend frage ich mich, wieso ich das hier alles mache. 

Wieso versuche ich alles so sehr perfekt zu meistern?
Hat das hier überhaupt einen Sinn?
Wieso darf es draußen dunkel sein, aber nicht in mir? 

Zu uns Kindern wurde immer gesagt, dass Kinder in Afrika unter viel schlimmeren Umständen leben müssen. 

Uns wurde gesagt, wir seien nicht dankbar.
Uns wurde gesagt, wir schaffen das nicht.
Uns wurde gesagt, wir dürfen nicht weinen.
Uns wurde gesagt, weinen sei etwas für Kleinkinder. 

Und heute frage ich mich, ob ich mich so fühlen darf.
Mir wurde doch immer gesagt, dass ich alles habe.
Mir wurde doch immer gesagt, dass ich nicht weinen soll.
Mir wurde so viel gesagt und ich habe jedem geglaubt. 

Ich warte darauf, 
Dass die Sonne wieder lacht,
Dass die Tage wieder wärmer werden
Und die Menschen wieder lauter lachen.
Die Jahre vergingen und ich warte immer noch, denn in mir sehe ich selten einen Sonnenstrahl.

Streitigkeit im Lorbeerhaus

Hanna Christel
2008

Ungebremstes Kleinkindzicken,
Auserzählte Anekdoten,
Eckig-steife Redeknoten,
Einfach lächeln, einfach nicken. 

Aufgebrachtes Omalästern,
Ungefragter Kommentar,
Und die Hälfte ist nicht wahr,
Pass nur auf auf deine Schwestern. 

Aufpolierter Kinderknast,
Und zu Bruch geht Tinas Teller,
Und die Stimmung ist im Keller,
Hast du denn nicht aufgepasst? 
So erzählt es der Bericht,
Von dem die Freundin immer spricht,
Denn ich selbst war nicht dabei,
Grund: Familienzankerei.

Alle Jahre wieder

John Frederik Lindenberg
2010

Alle Jahre wieder
Trifft man sich zum Fest,
Singt dieselben Lieder,
Gibt sich, dem Jahr den Rest.

 „Das Christkind war da!“,
Ist, was Mama rief –
Und gleich darauf:
„Der Baum steht schief!“

Oma hat gekocht,
Angeblich ein Schmaus,
Ich hab sie nie gemocht,
Die Gans, da holt man sie schon aus dem Ofen heraus.

Und während der Vogel geschnitten wird,
Wird schon laut und heftig am Tisch diskutiert:
Über veganes Essen und die Grippeschutzimpfung,
Den neuen Modeladen in der Stadt,
Vom Handy die Verbindung
Und was der Architekt alles falsch gemacht hat.

Alles war so schön gemacht,
Gäbs da nicht ein Problem:
Hund und Katz unter einem Dach,
Das konnte nicht gut gehn.

Was dann geschah, das glaubt ihr kaum:
Die Tiere preschten aufeinander los,
Zwischen ihnen der Tannenbaum,
Und das Geschrei war groß,

Als sie gegen ihn stießen
Und er hin und her wippte
Und schließlich
Ganz umkippte.

Alle kreischten und Mama rief:
„Hab doch gesagt, der Baum steht schief!“

Und im Krachen, Splittern, Bellen, Miauen,
Wars das mit dem Weihnachtsfeste.
Opa will den Hund verhauen,
der haut ab – für ihn das Beste!

Entfernt hört man im nassen Grau
Wau wau.

Es weihnachtet oder doch nicht

Livia Ava Mahlmeister
2010

Es weihnachtet oder doch nicht?
Weihnachten, dies Wort ist so vielseitig.
So manche feiern es und so manche nicht.
So manche feiern es wegen des Glaubens und so manche wegen der Geschenke.
Dir schwebt der Duft von Zimt in die Nase, so manche lieben ihn und so manche nicht.
Wir erblicken die leckeren Plätzchen, die so wundervoll erstrahlen.
Wir sehen uns Häuser an und erblicken die pure, farbige Kreativität, die den Schnee so künstlerisch schmückt.
Wir erstellen Bucket-Lists und ergötzen uns am Schnee.

Doch da kommt die Frage: Ist dies Weihnachten?

Ist Weihnachten der Tag, an dem man Jesu Christi Geburt feiert,
ist es ein Tag, an dem Kinder Geschenke bekommen,
ist es ein Tag, an dem wir einen gefällten Baum erblühen und erstrahlen lassen,
ist es ein Tag, an dem wir viel Geld für Weihnachtsschmuck ausgeben, den wir nur ein einziges Mal im Jahr erstrahlen lassen?
Viele Menschen würden dies befürworten wie Konzerne und früher, so sagte man bestimmt, dass es an diesem Tage um Jesus Christus ginge, doch was ist es heutzutage?
Und dann erblicken wir die wahre Gestalt der Weihnacht!
Man backt die Plätzchen, nicht nur wegen des Geschmacks und Aussehens, sondern auch um wundervolle Momente mit der Familie erleben und einfangen zu können,
Wieso sollten Konzerne so etwas verkaufen, wie Weihnachtsgeschenke, Lichter oder Figürchen, weil Menschen so ihren Familien ein Lächeln aufs Gesicht zaubern wollen,
also geht es bei dem vielseitigen Wort Weihnachten um die Familie, Liebe und Frohsinn,
und Geschenke, Weihnachtsbäume, Weihnachtsschmuck …
… sind also nebensächliche Dinge.

So stelle ich mir die Frage:
Sollte nicht jeder Tag Weihnachten sein?

Faded Memories

Katharina Ringhoff
2010

Grau
Graue Leere
Graue Leere, verblasste Erinnerungen
Verblasste, graue Erinnerungen an Familie
An Familie, Freunde, Verwandte
An Weihnachten 

Der Regen grau, die Bäume traurig
Alles wirkt so dunkel
Bis ich erkenne, dass nichts so schaurig ist,
Wie ich es selbst sehe 

Der Himmel schwarz, die Sterne weiß
Der Mond so rund und hell
Drinnen, die roten Kerzen, glühend heiß
Der Tannenbaum, so grün und grell 

Die Freude so bunt
Ein Farbenmeer
Ein zum Lächeln verzogener Mund
Doch die Zeit trifft das ganze wie ein Speer 

Tief und schwarz 
Groß und grau 
Ist nun der Fleck
Der Fleck in den Erinnerungen 
In den Erinnerungen an Weihnachten 
An Familie, Freunde, Verwandte 
Alles, was einst war. 

Gray 
Gray and dark
Some faded memories are
Black and white like the shine in my eyes
Where there once was life 

Red dresses, some candles
Few people laughing
Green tree in the middle of the room
Some presents hiding under it 

A very special mood is in the air
Full of love and happiness
It’s all that we share right now
And it’s all that we need right now 
Black and white painted on the sky
Some stars are shining bright
Some lovely voices outside, singing
Some fading memories on christmas 

Some pictures in my mind
Just a moment
But that’s enough
Enough to show 
How important all of us are.

Schreibe, um zu träumen.