Unsere Gewinner*innen im April 2022

Wettbewerb im April 2022

Im April habt ihr uns auf intergalaktische Reisen mitgenommen und neben den zahlreichen Aliens, denen ihr dabei begegnet seid, auch uns erzählt, was ihr an unserem Planeten besonders schätzt, wie ihr über ihn nachdenkt – und wie ihr auf die unvorstellbare Weite des Alls reagiert.

Eure Texte, ausgehend von den Voyager Golden Records, die gemeinsam mit Dana Rangas Gedicht „Eines Tages“ das Monatsthema angestoßen haben, waren philosophisch oder humorvoll, kritisch und einfallsreich und es war eine Freude, die Erde durch euch von all diesen Blickwinkeln betrachten zu dürfen!

Unter den zahlreichen interessanten Einreichungen in diesem Monat sind uns die folgenden sechs Texte von Carla Futterknecht, Gabriel Jakob Hoffmann, Nika Ilbertz, Theresia Kuhn und Amelia Schober und Freya Werner besonders aufgefallen. Viel Freude beim Lesen!

Entgrenzung

Carla Futterknecht
2010

In schweigender Schwärze, mit Unendlichkeit gefüllt.
Von Gefahren durchströmt, von Geheimnissen umhüllt.

Lebensfeindlichkeit gewinnt hier die Macht,
aber auch Wunderbares hat das Dunkle schon erbracht.

Die Finsternis doch ist Zeuge des Lichts,
an diesem Ort ist nichts alles und alles nichts.

Ein Sandkorn kann schon sein der ganze Strand,
jedoch werden wir niemals sehen des Strandes Rand.

Nachtfarbene Abgründe krümmen die Zeit,
wandeln alles in nichts oder in Ewigkeit.

Versteckte Welten, verborgen hinterm Himmels Saum,
nicht zu erfassen – selbst nicht in Zeit und Raum.

Oft wollen wir wissen, was von Anbeginn geschah,
vergessen dabei das Jetzt, sehen nur das, was war.

Ganz gleich, welche Geheimnisse das Weltall webt,
es kommt darauf an, dass jeder seine Einzigartigkeit lebt.

 

 

Beta-Version*: π-ple

Gabriel Jakob Hoffmann
2011

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We are lost π-ple.
Wir sind verirrt in den Träumen der anderen.
Unter der Sternenkuppel
Schreiben wir tweets an die Fremden.

We are lonely Affen.
Wir schweben schwerelos
In farbenreichen Spielwelten
Auf einem Diamantenblock.

Jeder fliegt allein
In Lichtgeschwindigkeit.
Laut mir und Albert Einstein
kann das nur theoretisch möglich sein.

We are Geschöpfe Gottes.
We live in strange times.
Platziert im krummen Raum
Fühlen wir uns @home.

We all are the π-ple
In demselben Schwarzen Loch.
Uns alle verbindet das Pi und der Piep
Am Anfang des Wortes people und
Am Ende des Lebens auf dem EKG.

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* Beta-Version – ein früher Entwicklungsstand
einer Software.
[!] [!] [!] 
Sicherheitswarnung für den Planeten Erde:
#WeArePeople
Richte nie dein Laserschwert auf uns!
Wir lassen auch den Bogen und den Pfeil fallen.
Störe nicht den Schlaf der Elefanten,
Die auf dem Rücken der Sternenschildkröte ruhen,
Und unsere einzigartige Welt festhalten.
[!] [!] [!]
47° 25′ 15.838″ N, 10° 59′ 7.314″ E
– Komm in Frieden und finde mich!

– Ich bin schon hier. Direkt hinter dir!
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Die Wahrheit

Nika Ilbertz
2009

Eines Abends beobachte ich die Sterne,
Was ich tue sehr gerne,
Da stürzt etwas vom Himmel,
Mitten ins Gewimmel,
Eines Ameisenhaufens,
Wo diese wild durcheinander laufen.

Das Ding, was von oben kam,
Was ich jedenfalls annahm,
Ist so groß wie eine Badewanne
Und ich betrachte es noch nicht lange,
Da kommt aus ihm Rauch,
Aus seinem stählernen Bauch.

Ein Zischen, ein Knallen,
Wie Elefanten, die auf Metall fallen,
Ein Knacken, ein Knirschen,
Wie Pandas, die sich anpirschen.

Heraus kommt ein Wesen,
Welches kleiner ist als ich,
Das Aussehen wunderlich,
Haare wie ein Besen,
Die Haut blau,
Die Augen grau.

„Was bist du?“ frage ich.
Eigentlich war es gerichtet an mich,
Doch eine Antwort durch die Dunkelheit schallt,
Während meine Stimme noch als Echo hallt:
„Norrigan mein Name
Und ich finde ihn erste Sahne!“

Ich muss meine Fragen nicht nennen,
Er scheint meine Gedanken zu kennen:
„Die Erde war mein Ziel,
Weil ich aus allen Wolken fiel,
Als ich hörte, wie die Menschen die Erde beschmutzen,
Und nichts geben, sondern nur ausnutzen.
Ich komme von einem weit entfernten Planeten,
Dessen Name ist Trelketen.

„Was soll das heißen?
Dass wir die Erde verschleißen?
Willst du uns etwa vergleichen?
Damit wirst du nichts erreichen!
Wir sind kein dummes Tier
Und das wissen wir!“,
Schnauze ich das Wesen an,
Das anscheinend so viel kann.

Norrigan lacht leise,
Er hat eine Meise,
Es klingt wie ein glucksender Bach,
Unbeschwert, fröhlich und einfach.
Während ein Vogel zieht seine Kreise,
Ist seine Antwort klug und weise:

„Siehst du den Ameisenhaufen?
Wo viele von ihnen rumlaufen?
Friedlich zusammen leben sie,
Wie die Menschen noch nie.
Dicht gedrängt, doch glücklich,
Ist dies nicht wunderlich?“

„Vielleicht stimmt das,
Aber es ist nicht so krass.
Sie sind schwach und klein,
Wie kann es da sein,
Dass Menschen schlechter sind als Ameisen,
Die sind langweilig und gehören zu den Leisen!“
Das rufe ich aufgebracht,
Doch Norrigan wieder lacht:

„Die Ameise ist das stärkste Tier der Welt,
Weil sie das Vierzigfache ihres Gewichts hält!“
Staunend widerspreche ich wieder:
„Aber Tiere kümmern sich nicht um Familienmitglieder.
Wenn sie krank sind,
Oder geboren wird ein Kind,
Müssen sie es alleine durchstehen!“
Eigentlich würde ich gerne weggehen,
Doch die Neugier reizt mich,
Er hat eine spannende Antwort sicherlich.

„Ok, ich erklär es dir,
Der Wolf ist ein soziales Tier,
Kranke werden gesund gepflegt,
Der Familienbrauch gehegt.
Große kümmern sich um die Kleinen,
So lässt sich die Familie vereinen.
Füreinander sorgen sie,
Und Sterbende, die
Werden lange betrauert,
Was ihr Band noch untermauert.“

„Ich dachte, der Wolf wäre böse,
Schleicht sich an oder kommt mit Getöse.
Eine Schattengestalt, die
Reißt unser Vieh.
Aber er ist gut!
Dann brauche ich keinen Mut,
Nachts im Wald,
Wo ihr Geheul hallt.
Aber wieso greift er mich dann an?“
„Der Wolf dafür nichts kann.
Das tut er eigentlich nicht,
Da führen euch die Menschen hinters Licht!“

„Aber Schildkröten sind nicht schnell,
Bevor sie ankommen, ist es wieder hell,
Viel schneller sind wir
Als dieses lahme Tier!“
In einer Sache muss ich Recht haben,
Da kann er nichts gegen sagen.

„Schildkröten schaffen 35 Kilometer die Stunde,
Lauf du doch mal eine Runde,
Der Mensch schafft es in der Zeit
Noch lange nicht so weit.
Nur dreizehn schafft ihr,
Da sind sie schon lange wieder hier!
Doch dazu muss sagen,
Dass sie sich dabei im Wasser tragen.“
Zufrieden sagt Norrigan dies,
Sein vieles Wissen ist echt mies!

„Aber sie sind nicht schlau.
Der Hund sagt nur ,wau‘.“
Das ist mein letzter Trumpf,
Jetzt muss er zeigen Vernunft!

„Nur weil ihr sie nicht versteht,
Und sich alles um euch dreht,
Muss es nicht heißen,
Dass sie nur Fleisch zerreißen.
Sind viel klüger als du denkst,
Aber wenn du ihnen keine Aufmerksamkeit schenkst,
Können sie sich nicht beweisen.
Deswegen war mein Ziel, die Erde zu bereisen,
Um euch die Wahrheit zu zeigen,
Weil viel zu viele darüber schweigen!
Alles in der Natur hat einen Sinn,
Ein weiter Grund, wieso ich hier bin.
Aber ihr stört das Gleichgewicht,
Und helft der Natur nicht.
Ihr zerstört die Welt,
Denn euch interessiert nur Geld!“

„Ich glaube, ich verstehe nun,
Alles hat mit allem zu tun.
Wir müssen die Erde retten,
Sonst legen wir uns selbst um die Ketten.
Besonders ist alles in der Natur.
Vielleicht macht sie nicht immer die beste Figur,
Und doch hat sie viel Wert,
Der uns einiges lehrt.“

„Ich habe eine Bitte an dich,
Erzähle diese Wahrheit für mich!“
Mit diesen Worten steigt er
In sein buntes Raumschiff,
Welches antwortet mit einem Pfiff.
Die Verantwortung lastet schwer.

Und so schreibe ich dieses Gedicht,
Um zu bringen in die Dunkelheit Licht.
Ich verstehe Norrigan jetzt
Und dass ist ein Grund, wieso ich ihn so schätz‘.

 

Bei den Flömgers

Theresia Kuhn
2009

Wir sind die Astronauten Mira, Tim, Lea und Kalle
und fliegen in der galaktischen Megaqualle.
Nach wenigen Minuten sind wir bei einem Planeten.
So schnell ist man mit nur wenigen Raketen.
Er erscheint im Licht eines Sternes blau,
doch seine Oberfläche ist komisch, nicht glatt und nicht rauh.
Stattdessen ist sie bewegt
und ich frag mich: Wird sie belebt?
Doch da landen wir schon
und hören sofort einen Ton.
Die Aliens stürmen auf uns los.
Da bekomm’ ich im Hals einen Kloß.
Sie sind blau, geflügelt und winzig,
sehe ich nun auf den zweiten Blick.
Dann fängt einer zu reden an,
und ich kann ihn verstehen, ich kann!
Als er beginnt zu sprechen,
denkt keiner von uns daran, auszubrechen.
Denn was er sagt, ist sehr interessant:
Wir sind Flömgers, es gibt nur das Flömger-Land.
Es bedeckt den Planeten, der nur aus uns besteht,
denn da ist ein Wind, der zu ihm uns weht.
Nun zu euch: Dürfen wir euch befragen?
Ja, gerne, wie wir sagen.
Von welchem Planeten kommt ihr her?
Erde, der blaue Planet, wegen dem Meer.
Was könnt ihr da erzählen?
Hm, was sollen wir wählen?
Es gibt außer uns auch Tiere und Pflanzen, sagt Tim,
und sofort blickt der Außerirdische fragend zu ihm hin.
Ich erkläre: Das sind Dinge, die sich nicht bewegen,
grün sind und leben.
Sie stellen Sauerstoff her … –
Was ist Sauerstoff?, fragt er.
Dann auf dem Rückflug
ist hinter uns ein langer Zug
von Flömgers, die die Erde nun lieben.
Hoffentlich haben wir nicht zu sehr übertrieben.

Erinnerungen der Erde

Amelia Schober
2007

Und sollte ich diese kleine Erde irgendwann verlassen,
dann werden nicht viele Erinnerungen in meinen Koffer passen.
Doch die, die ich mit aller Kraft beschützen werde,
sie sind die schönsten Dinge dieser Erde.
Die zarten Farben beim Sonnenuntergang.
Die Melodien, die meine Mama mir zum Einschlafen sang.
Das ruhige Rauschen vom Ozean.
Das Lachen meiner liebsten Menschen, welches in meinen Ohren erklang.
Der süße Geschmack von frischen Himbeeren.
Die Geduld meines Papas beim mir die Welt Erklären.
Und sollte ich jemals eine dieser Erinnerungen verlieren,
dann würde ich mich niemals davon kurieren.
Der beruhigende Geruch von Bücherseiten.
Wie es ist, anderen eine Freude zu bereiten.
Mich mit meinen Freunden aus der ganzen Welt auszutauschen.
Die Euphorie, die ich empfinde, beim Musiklauschen.
Der Stolz, den ich verspüre auf meine Freunde,
dass wir es wirklich tun, wir verfolgen unsere Träume.
Der Gedanke daran, dass mir die ganze Welt offensteht,
Zumindest so lange, wie sich die Erde weiterdreht.
Und das, meine lieben Außerirdischen,
das alles würde ich auf euren Planeten vermissen.
Auch bei all den großen Hindernissen.
Die es auf der Erde gibt.

Nichts

Freya Werner
2008

Befreit aus der
Alltäglichkeit den Blick
vorsichtig nach oben wenden,
durch den Kopf sehen: Lichtpunkte, die
Vergangenheit (es fehlt jetzt und dann), sind
schon lang nicht mehr dort im NICHTS, das zugleich alles
(was ich kenne) und mehr ist (ich weiß NICHTS),
dunkel und eisig vor sich hin vegetiert und
Zukunft bedeutet. Aus Veränderung,
Fremdem folgt Angst vor
NICHTS: zurück zum 
Alles, das
nichts
ist.

 

Schreibe, um zu träumen.