eine viertelstunde versucht dein lachen zu imitieren

Die Jury hat entschieden!

Zu den Gewinner*innen

DAYS HOURS, MINUTES, und  SECS
[[deadline:2023-04-30 24:00:00]]

Wettbewerb im April 2023

Was hilft gegen das Vermissen? Gegen dieses Ziehen im Bauch, das ständige Kreisen der Gedanken, die eventuelle Schlaflosigkeit? Vermissen ist ein starkes Gefühl, das uns schnell in einen Ausnahmezustand versetzen kann. Manchmal schmerzt es fast unaushaltbar, manchmal beflügelt es aber auch. Vor allem dann, wenn das, wonach wir uns so sehnen, zurückkommen kann. Diesen Monat suchen wir eure Tipps gegen das Vermissen – wie immer natürlich in Gedichtform! Schickt uns eure Texte zum Thema „eine viertelstunde versucht dein lachen zu imitieren“!

Man kann am T-Shirt eines Menschen riechen, den man so vermisst. Oder an einen Ort zurückkehren, an dem man gemeinsam unvergessliche Erinnerungen gesammelt hat. Oder man kann sich bewusst ablenken und versuchen, gar nicht an den*die*das Vermisste*n zu denken. Jede*r von uns geht anders mit den Gefühlen des Vermissens um.

Die US-Fotografin Deanna Dikeman hat einen ganz besonderen Weg gefunden, sich mit ihrem Vermissen auseinanderzusetzen: Sie hat dazu den Moment vor dem Vermissen in den Mittelpunkt gestellt, den Abschied. In einem beeindruckenden Foto-Projekt hat sie 27 Jahre lang ihre Eltern fotografiert, während sie sich von ihr verabschieden. Ein Winken in der Hauseinfahrt, ein Lächeln aus dem Auto heraus fotografiert. In den Fotos steckt so viel. Ein: „Es war schön, dass wir uns gesehen haben!“, „Ich freue mich auf den nächsten Besuch!“, aber auch ein: „Ich bin so traurig, mich verabschieden zu müssen.“ und ein „Wie lange wird und kann es noch so weitergehen?“.

Leaving and waving, 7/1991, Foto: Deanna Dikeman

Die Abschiedsfotos, von denen wir euch hier eins zeigen, erzählen eine ganz eigene Geschichte des Abschieds, des Umgangs mit dem Vermissen. Sie dokumentieren das Leben von Deanna Dikeman und dem ihrer Eltern. So begleiten sie auch das Älterwerden und schließlich den Tod der Eltern. Auf dem letzten Foto ihrer Serie sieht man die leere Hauseinfahrt, das Garagentor ist geschlossen.

Auch in dem Monatsgedicht, das wir euch diesen Monat vorstellen, geht es darum, einen Weg zu finden, mit dem Vermissen umzugehen. In dem Text „heute habe ich eine viertelstunde versucht dein lachen zu imitieren“ der Lyrikerin Sirka Elspaß erzählt das lyrische Ich von dem gescheiterten Versuch, das Lachen einer von ihm*ihr vermissten Person nachzumachen. Auch wenn das nicht gelingt, ist der missglückte Versuch doch ein Zeugnis des Vermissens und auf eine Art auch eine kleine Hilfe beim Aushalten: „diese laute sind wie sich vermissen auch / anhören kann.“

Wen oder was vermisst ihr? Wie äußert sich das? Und am wichtigsten: Habt ihr Tipps oder Tricks, wie man mit dem Vermissen umgehen kann, es vielleicht sogar ein bisschen erträglicher machen kann? Wir freuen uns auf eure Gedichte rund um das Vermissen und sich Sehnen!

Sirka Elspaß

heute habe ich eine viertelstunde versucht
dein lachen zu imitieren
einfach
um es zu hören
aber alles was dabei herauskam waren laute
die viel zu sehr nach mir klangen als dass
sie mich an dich erinnert hätten
ich dachte wenn du wissen willst wie mein
vermissen klingt dann ruf mich an
diese laute sind wie sich vermissen auch
anhören kann

aus: Sirka Elspaß, ich föhne mir meine wimpern. Gedichte. © Suhrkamp Verlag AG, Berlin, 2022

Weiterführende Informationen

Sirka Elspaß, Foto: privat

Sirka Elspaß
Geboren 1995 in Oberhausen, hat Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim und Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst in Wien studiert. Sie war Preisträgerin beim Treffen junger Autor:innen 2010 & 2012 sowie postpoetry-Nachwuchspreisträgerin 2013, Mitherausgeberin der BELLA triste (Nr. 41–45) und hat in diversen Magazinen und Anthologien veröffentlicht, darunter STILL, Edit und Lyrik von Jetzt 3. Ihr erster Gedichtband ich föhne mir meine wimpern ist 2022 bei Suhrkamp erschienen.
sirkaelspass.de

Deanna Dikeman was born in 1954 in Sioux City, Iowa, USA, and currently resides in Kansas City. She has photographed her midwestern family and surroundings since 1985, when she left a corporate job to try a photography class. She has M.S. and B.S. degrees from Purdue University. She received an Aaron Siskind Foundation Fellowship in 1996, and the United States Artists Booth Fellowship in 2008. Since 1988, Deanna has had 24 solo shows and has been included in over 160 group shows. Her photographs have been public art projects in Kansas City, Missouri; St. Louis, Missouri; and Albany, New York. “A Photographer’s Parents Wave Farewell” was one of the top 25 stories of 2020 in The New Yorker. Her work has also been published in Buzzfeed News JPG, Country Living, D la Repubblica, DUMMY, GEO, GUP, Harpers Magazine, M Le magazine du Monde, TAZ Berlin, Der Tagesspiegel Sonntag, The New York Times T Magazine, Réponses Photo, Slate Behold, theo, De Volkskrant Observatorium, and VOSTOK, among others. Her book Leaving and Waving was published by Chose Commune in 2021, after being short-listed for the MACK 2020 First Book Award. The book received the 2021 Prix Nadar awarded by the Association Gens d’Images in France. The book also was a finalist for the 2021 Paris Photo/Aperture Foundation First PhotoBook Award, and is now in its third printing. Photographs from Leaving and Waving have been exhibited at festivals, museums, and galleries in eleven countries: Belgium,Canada, France, Greece, Hungary, Italy, the Netherlands, Saudi Arabia, Spain, Switzerland, and the United States.
deannadikeman.com

Videos zum Monatsthema

Lesung Monatsgedicht und Schreibimpulse von und mit Sirka Elspaß

Schreibe, um zu träumen.