Werden Bewegungen so verschiebbar

Die Jury hat entschieden!

Zu den Gewinner*innen

DAYS HOURS, MINUTES, und  SECS
[[deadline:2019-06-30 24:00:00]]

Wettbewerb im Juni 2019

Im Juni ist lyrix in Aktion: Nicht nur unsere jährliche Preisträgerreise nach Berlin steht kurz bevor, auch beim aktuellen Monatsthema dreht sich alles um Bewegung. Im Mittelpunkt steht ein Gedicht der Lyrikerin, Bildenden Künstlerin und ehemaligen lyrix-Preisträgerin Christiane Heidrich, in dem sie Körperbewegungen in Einzelteile zerlegt, übereinanderlegt und reflektiert. „Werden Bewegungen so verschiebbar“ heißt die themengebende Zeile aus ihrem Text. Dazu seht ihr die korrespondierende Illustration von Andreas Töpfer, die das Cover von Heidrichs Gedichtband “Spliss” schmückt. Schickt uns eure Gedichte im Juni! Wir sind gespannt, was ihr aus dem Thema macht!

Christiane Heidrich

Mein Körper hält still. Das Zurückgelehnte und die Anspannung sind endlich verwickelt, und ich, komm da nicht mehr hin. Was übrig bleibt, ist das Winken von einem Dach, das Winken mit Leerstellen, das Unkraut, gepresste Eigenschaften, die auf Entladung nicht warten, die solche Zeitlichkeit nicht haben, das Komprimierte hat sich zurückgezogen und verweigert sein Potenzial. Gegen Entfaltung. Mein zusammengefasstes Fleisch, das hier spricht. Betrug der Leichtigkeit, Träger zu haben. Die verschiedenen Zustände, die nicht mehr voneinander abrücken, die eng zusammenstehen unter einem Körper mit Namen. Hält das, das hält. Noch dieselbe wie vorher. Gespräch: Mein rennender Körper ist einem anderen rennenden Körper ähnlicher als meinem eigenen, der sitzt. Abfolgen, Zustände. Ich rufe alles noch mal auf. Gesten, die kaum durchführbar sind. Skelette, von denen meine Bewegungen kommen, stimmen mit meinem Skelett nicht überein. Werden Bewegungen so verschiebbar. Ich hab das nicht ausgelöst, ich hab das nicht eingelöst, ich hab es nicht mal getroffen. Nur eine kurze Überlagerung war mein Auftritt, ein fast plumpes Zittern im Arm, das Witzelnde, das Dösende, das Unverstaute der Sätze. Trennung von Bewegung in Gliedmaßen, von Gliedmaßen in Bewegung. Vierteldrehung, Vierteldrehung aus dem Bild in ein anderes.

(aus: Christiane Heidrich, Spliss, Gedichte, kookbooks Berlin 2018, S. 49)

Um Körperbewegungen dreht sich alles in dem titellosen Text, den uns die Lyrikerin, Bildende Künstlerin und Performerin Christiane Heidrich, selbst ehemalige lyrix-Preisträgerin, für das Monatsthema im Juni zur Verfügung stellt. Das Gedicht findet sich im Abschnitt „Performance“ ihres ersten Lyrikbands „Spliss“. Und der Name des Abschnitts gibt bereits eine erste Idee, worunter das Gedicht einzuordnen ist: Es geht um Fragen nach dem Körper und seiner Positionierung im Raum. Welche Bewegungen möchte ich von mir zeigen? Welche davon sind natürlich, welche inszeniert? Wie verhält sich mein Körper im Vergleich zu anderen Körpern? Hier klingen Themen wie die Entfremdung vom eigenen Körper an, aber auch ein Wunsch nach Auflösung oder Erweiterung der eigenen Körpergrenzen oder ein Auseinandernehmen und Analysieren von eigentlich automatisierten Bewegungsabläufen. Aufgegriffen werden diese Gedanken durch die Coverillustration des Gedichtbands von Andreas Töpfer. Wie spiegeln sie sich hier wider?

Coverillustration „Spliss“, Illustration: Andreas Töpfer

Schickt uns im Juni eure Gedichte zum Thema „Werden Bewegungen so verschiebbar“! Wie deutet ihr diese Zeile? Wohin verschieben sich Bewegungen? Von Körper zu Körper? Von Körperteil zu Körperteil? Von der Vergangenheit in die Zukunft? Nehmt eure Bewegungen auseinander und zerlegt sie in Einzelteile. Schreibt uns von fragmentierten Bewegungsabläufen, setzt eure Bewegungen in neue Zusammenhänge. Wir sind gespannt, was euch bewegt!

Christiane Heidrich, geboren 1995 in Karlsruhe, lebt in Wien. Studium der Bildenden Kunst an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und am Institut für Sprachkunst in Wien. „Spliss“, ihr erster Gedichtband, ist 2018 bei kookbooks erschienen.

Christiane Heidrich

Andreas Töpfer ist freier Grafikdesigner, Illustrator und Zeichner. Er gründete 2003 mit Daniela Seel den Verlag kookbooks und ist visueller Redakteur für das norwegische Literatur- und Kulturmagazin Vagant. Er arbeitet im Milchhof: Atelier in Berlin und mit buchgut, Berlin. Seine letzten Publikationen: „Speculative Drawing“ mit Armen Avanessian und „The Origin of Senses“ mit Sabine Scho. Seine Arbeiten wurden ausgezeichnet von der Stiftung Buchkunst, u.a. mit dem Preis der Stiftung Buchkunst und waren unter den 100 Besten Plakaten Deutschland, Österreich, Schweiz. Seine Arbeiten erhielten Gold bei den Schönsten Büchern Norwegens, beim Deutschen Fotobuchpreis und dem IF-Communication Design Award.

Schreibe, um zu träumen.