mein geteiltes Leben

Die Jury hat entschieden!

Zu den Gewinner*innen

DAYS HOURS, MINUTES, und  SECS
[[deadline:2020-10-31 24:00:00]]

Wettbewerb im Oktober 2020

Vertraute Bäume an vertrauten Orten als „Wurzeln“ im eigenen Leben – welche Dinge geben euch Halt und Sicherheit?

Anna Ospelt

Ich habe eine Föhre aus meinem Wald ausgegraben
und auf dem Balkon wieder eingesetzt.
Neben die Hängebuche aus dem Garten meiner Eltern
die Eiche meines Grossvaters in der Florianigasse
und die Bäume meiner bisherigen Wohnungen:
die Birke in der Hagentalerstrasse 26
den Ahorn in der Ahornstrasse 24
den Feigenbaum in der Lägernstrasse 25
die Mammutbäume am Hang gegenüber der Fluhmattstrasse 16
die Linde im Innenhof der Bartenheimerstrasse 13
die Blutbuche vor meinem Schlafzimmerfenster Am Sandwerder 5.
Während ich diese Bäume geduldig pflege
wächst langsam mein geteiltes Leben zusammen.

Anna Ospelt befasst sich in ihrem Schreiben sehr viel mit Bäumen und Pflanzen. Dabei geht es oft um ganz bestimmte Exemplare und darum, was sie ihr bedeuten. In ihren Texten mischt sie nüchterne Beschreibungen mit persönlichen Erfahrungen. Die Betrachtung der Natur ist so auch immer ein Nachdenken über sich selbst. In unserem Monatsgedicht wird das sehr deutlich: Anna Ospelt zählt hier verschiedene Bäume auf, die an zahlreichen bedeutsamen Orten ihres Lebens wachsen. In der Erinnerung an die dortigen Bäume verbinden sich die Stationen ihres Lebens, das dadurch zusammenwächst.

Bei Anna Ospelt spielt das Motiv der Wurzel immer wieder eine wichtige Rolle: das Bild des an einem bestimmten Ort fest verwurzelten Baumes führt zum Nachdenken über die eigene „Verwurzelung“ als Mensch, der im Leben an verschiedenen Orten zuhause ist.

Gibt es in eurem Leben Dinge, Gegenstände oder Personen, die für euch mit Konstanz und Sicherheit verbunden sind und in denen ihr euch „verwurzelt“ fühlt, unabhängig von einem festen Ort?

Weiterführende Informationen

Anna Ospelt, Foto: Ayşe Yavaş

Anna Ospelt
Geboren 1987 in Vaduz. Studium der Soziologie, Medien- und Erziehungswissenschaften in Basel. Anna Ospelt publiziert seit 2011 Kurzgeschichten und Lyrik in Literaturmagazinen und Anthologien, wie das Narr, Miromente, Lyrik von Jetzt, Mosaik und die Horen. 2015 erschien der Portraitband «Sammelglück. Sammlerinnen und Sammler in Liechtenstein. 10 Portraits» bei Bucher/Hohenems, 2020 der Prosaband „Wurzelstudien“ bei Limmat/Zürich. Für «Wurzelstudien» erhielt Anna Ospelt ein Stipendium der Stiftung Nantesbuch im Rahmen des Deutschen Preises für Nature Writing und war Stipendiatin des Literarischen Colloquiums Berlin. Sie kombiniert ihre Texte vorzugsweise mit Fotografien. Anna Ospelt lebt in Vaduz.

Downloads

Unterrichtsmaterialien

Unser Kooperationsmuseum im Oktober: Das Kunstmuseum Liechtenstein / Hilti Art Foundation

Begleitend zum Monatsgedicht hat das Kunstmuseum Liechtenstein ein Kunstwerk gewählt, das sehr gut zum Thema passt und euch ebenfalls als Inspiration für euere Gedichte dienen kann.

Jochen Lempert, Plant Volatiles – Krabbeln, Schlafen, Fliegen, 2020, Fotos: Sandra Maier

Jochen Lempert, Plant Volatiles –
Krabbeln, Schlafen, Fliegen, 2020
Digitaldruck auf Papier, Kartonumschlag
3 Blätter, je 39,7 x 29,7 cm
Auflage: 80 + 20 AP
Signiert und nummeriert auf Etikett
Edition: Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz

Die Edition Plant Volatiles – Krabbeln, Schlafen, Fliegen schuf Lempert für die Ausstellung Parlament der Pflanzen im Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz (6. September 2020 – 17. Januar 2021). Drei Bilder von drei Pflanzen, die sich unterschiedlich bewegen.
Die Wurzeln des Topinamburs sehen aus, als würden sie gleich davonkrabbeln. Ein in der Mitternachtssonne fotografierter Hahnenfuss hat seine Blütenblätter geschlossen. Schlafen Pflanzen? Was im dritten Bild neben der Brennnessel wie ein Insekt aussieht ist, zeigt in grellem Licht den Ausstoss einer Pollenwolke. «Die Werke laden ein, auf sinnliche Weise zu «erkennen», wie wir erkennen. Sie stülpen unsere anthropozentrischen Denkmuster um und zeugen davon, dass der bildenden Kunst bei der Erforschung von Wirklichkeit ein enormes Potential innewohnt.» (Christiane Meyer-Stoll in der Publikation zur Ausstellung)

Jochen Lempert wurde 1958 in Moers geboren. Er lebt und arbeitet in Hamburg. In den 1980er Jahren studierte er Biologie und nutzte dafür das Medium Fotografie. Nebenbei arbeitete er mit der experimentellen Künstlergruppe Schmelz¬dahin. Als Fotograf ist er Autodidakt. Künstlerisch untersucht Lempert das Bild, das wir uns von der Natur machen und die Wechselbeziehungen zwischen Menschen und Umwelt.

Kunstmuseum Liechtenstein / Hilti Art Foundation

Das im Jahr 2000 eröffnete Kunstmuseum Liechtenstein ist das Museum für moderne und zeitgenössische Kunst mitten in Vaduz.
Die Sammlung, zugleich staatliche Kunstsammlung des Fürstentums Liechtenstein, erhält ihr Profil besonders durch dreidimensionale Kunstwerke: Skulpturen, Installationen und Objekte. Arte povera und Post-Minimal Art bilden inhaltliche Schwerpunkte. Gezeigt wird die Sammlung in temporären Präsentationen, begleitend zu den grossen Wechselausstellungen zur internationalen Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. 2015 ist das Kunstmuseum um das Ausstellungsgebäude der Hilti Art Foundation erweitert worden. Die bedeutende Liechtensteiner Privatsammlung umfasst herausragende Werke der klassischen Moderne und der Gegenwartskunst.

Kunstmuseum Liechtenstein mit Hilti Art Foundation, Foto: Stefan Altenburger Photography, Zürich, © Kunstmuseum Liechtenstein

Schreibe, um zu träumen.