so leblos & fallen gelassen / nutzlos auch

Die Jury hat entschieden!

Zu den Gewinner*innen

DAYS HOURS, MINUTES, und  SECS
[[deadline:2020-05-31 24:00:00]]

Wettbewerb im Mai 2020

Hose und T-Shirt, achtlos über den Stuhl geworfen – eine knapp skizzierte Momentaufnahme des Alltags.
Nur eine belanglose Beobachtung oder verbirgt sich mehr dahinter?

die hose

Lütfiye Güzel

wie die hose & das tshirt 
über der stuhllehne hängen 
so leblos & fallen gelassen 
nutzlos auch 
& das buch der antworten 
es liegt auf meinen knien 
während ich an den fragen arbeite

Kleidungsstücke, die im Zimmer herumliegen, ein alltäglicher Anblick. Doch aus der beiläufigen Beobachtung ergibt sich eine neue Perspektive. Ungetragen verlieren die Kleidungsstücke ihren Sinn und werden zu funktionslosen Objekten. Das Grübeln hierüber unterbricht die wohl bedeutsamere Arbeit im „buch der antworten“…oder fließt es vielleicht mit in sie ein? Was ist gemeint mit „fragen“ zum „buch der antworten“?

Lütfiye Güzel schreibt klar und knapp, pointiert, humorvoll, auch melancholisch. In ihren Texten streift scheinbar belangloses, das, näher betrachtet, an Grundlegendes rührt. In kurzen Sätzen skizziert sie Orte, Situationen, Emotionen und öffnet dabei gedankliche Räume, die meist von Alltagsbetrachtungen aus- und dabei weit über sie hinausgehen.

Kennt ihr das auch? Der Blick streift umher, Gewohntes erscheint plötzlich fremd und wirft Fragen auf?
Findet eure eigenen Worte und schreibt uns davon, wir sind gespannt!

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Lütfiye Güzel, Foto: Ben Knabe

Lütfiye Güzel, 1972 in Duisburg geboren und zwischen Ruhrgebiet und Berlin unterwegs, ist Dichterin und bringt seit 2014 Gedichte und Kurzprosa unter ihrem eigenen Label go-güzel-publishing heraus, etwa „herz-terroristin“ 2012 und „Pinky Helsinki“ 2013. Außerdem erscheinen dort Handzettel, Streichholzschachtelgedichte und Selbstgespräche. 2017 wurde Lütfiye Güzel mit dem Literaturpreis Ruhr ausgezeichnet. Ihr aktuelles Buch trägt den Titel „nahezu nichts gelingt“.

„Wenige Worte, die aber so hängen bleiben, dass danach wenig bleibt, wie es war. Große Hoffnung, ja. Aber fragil.“ (Pressetext: Lange Buchnacht Berlin Kreuzberg)

Video-Tutorial: Schreibimpulse von Lyrikerin Caroline Danneil zum Gedicht „die hose“ von Lütfiye Güzel

Unser Kooperationspartner im Mai: das Museum Brandhorst in München

Passend zum Monatsgedicht hat das Museum Brandhorst ein Kunstwerk aus der eigenen Sammlung ausgewählt: Die skulpturale Installation „New Model Army“ (2016) der Künstlerin Alexandra Bircken. Auch hier spielen Textilien eine Rolle und auch hier 
finden sie sich zweckentfremdet in einem neuen Kontext, der ihren Sinn infrage stellt und ihnen damit einen neuen verleiht:

Vier kopflose Schaufensterpuppen sind mit Teilen gebrauchter Motorradbekleidung versehen, die wiederum mit Füllwatte und Seidenstrumpfhosen auf den Plastikkörpern vernäht wurden. Der Abrieb von Unfällen auf der Motorradbekleidung, aber auch die händischen Nähte, welche die Materialien zusammenhalten, wirken wie Narben auf der Army-Montur – dieser zweiten, eigentlich schützenden Haut. Das Recyclen bereits benutzter Materialien ist eine Konstante in Birckens Œuvre. Ihre „Armee“ wird zum Sinnbild des „ausgemusterten“ und doch wehrhaften Subjekts, das eben nicht in makelloser Perfektion erstrahlt, sondern die Folgen des Erlebten für alle sichtbar zur Schau trägt. (Text Museum Brandhorst)

Alexandra Bircken, New Model Army (Detail), Foto: Haydar Koyupinar, Johannes Haslinger, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München © Alexandra Bircken
Alexandra Bircken, New Model Army, Foto: Haydar Koyupinar, Johannes Haslinger, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München © Alexandra Bircken

Das Museum Brandhorst widmet sich der zeitgenössischen Kunst. Seit seiner Eröffnung 2009 hat sich das Haus als einer der zentralen Orte für Gegenwartskunst in Deutschland etabliert. Hinter der spektakulären Fassade aus 36.000 Keramikstäben erleben Besucherinnen und Besucher aus aller Welt Spitzenwerke der Kunst von den 1960er-Jahren bis heute. Das Museum begeistert sein Publikum aus nah und fern nicht nur durch die mit Abstand größte Sammlung von Werken Andy Warhols in Europa. Weltweit einzigartig ist auch der Schwerpunkt auf dem Schaffen von Cy Twombly. Sein monumentaler „Lepanto“-Zyklus (2001) wird dauerhaft in einem Saal präsentiert und wurde eigens nach den Wünschen des Künstlers gestaltet. 

Detail Fassade Museum Brandhorst, Foto: Haydar Koyupinar
Außenansicht Museum Brandhorst, Foto: Haydar Koyupinar

Schreibe, um zu träumen.