Eintauchen (Tunken)

Die Jury hat entschieden!

Zu den Gewinner*innen

DAYS HOURS, MINUTES, und  SECS
[[deadline:2021-07-31 24:00:00]]

Wettbewerb im Juli 2021

Im Juli suchen wir eure Gedichte zum Thema “Eintauchen (Tunken)”! Inspiration gibt es von einem Text der Lyrikerin und Künstlerin Lisa Goldschmidt, der durch seine Kontraste und bewusst gesetzten Leerstellen eine große Spannung aufbaut. Lasst euch überraschen! Wir sind gespannt auf eure Texte und wünschen euch viel Spaß beim Eintauchen in unser Thema!

Lisa Goldschmidt

Das Unausgesprochene, das sich wie ein Planet
zwischen unsere Gesichtsfelder schob –

Immersion (lateinisch immersio) bedeutet eintauchen, einbetten,
beschreibt den Eintritt eines Himmelskörpers in den Schatten
eines anderen. In der Physik bedeutet Immersion das Eintauchen
(Tunken) eines Objekts in eine Flüssigkeit mit lichtbrechenden
Eigenschaften (zur Untersuchung von Kristallformen, wie auch
in der Mikroskopie).

Es war später Mai, als du dich, bei geöffneten Fenstern, beim
Anbruch des Abends, auf mein Bett fallen ließt, ohne ein Wort. Seit
diesem Fallen, dieser unscheinbaren Bewegung der Schwerkraft
war ich beiläufig in den Schatten
deiner Einbildung gerutscht.

Lasst uns zuerst einen Blick auf Lisa Goldschmidts Text werfen. Er beginnt mit einer Art Einleitung, die einen offenen Gedanken festzuhalten scheint, geht über in die wissenschaftliche Definition des Begriffs „Immersion“ und endet mit einer intimen Momentbeschreibung zwischen zwei Personen. In welchem Verhältnis stehen diese so unterschiedlichen Teile des Gedichts zueinander? Wie passen sie zusammen? So präzise und unanzweifelbar doch der zweite Absatz des Gedichts scheint: Der gesamte Text lebt von Leerstellen. Entscheidendes bleibt unausgesprochen und verborgen. Was ist zwischen dem Ich und dem Du Ende Mai passiert? Sind sie weit voneinander entfernt oder ganz nah? Verbindendes Element scheint das Eintauchen, die Immersion, zu sein. Wer taucht hier wo ein?

Unser Thema im Juli heißt „Eintauchen (Tunken)“. Ihr habt dabei vielfältige Möglichkeiten, euch dem Thema zu nähern. Spielt mit einer Mischung von Textformen so wie Lisa Goldschmidt und setzt wissenschaftliche Textauszüge oder Definitionen intimen Momentbeschreibungen gegenüber. Oder spinnt die Momentaufnahme in ihrem Text weiter. Wer sind die zwei Personen und wie stehen sie zueinander? Ihr könnt auch das Wortfeld rund um die Begriffe „Eintauchen“ und „Tunken“ aufgreifen und in euren Texten verarbeiten. Wir sind gespannt auf eure Interpretationen des Themas!

Lisa Goldschmidt, Foto: Dirk Skiba

Lisa Goldschmidt
Geboren 1993 in Freiburg im Breisgau, studierte Freie Kunst (Malerei/Grafik) an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste, Karlsruhe, und Psychologie/Psychoanalyse an der Goethe Universität, Frankfurt am Main. Für ihren Debütband ,,Tage Fragmente“ (Verlag Lesezeichen e.V., 2019), erhielt sie 2020 das Lyrik-Landesstipendium Baden-Württembergs. Sie ist zudem Teilnehmerin der Darmstädter Textwerkstatt unter der Leitung von Kurt Drawert. Sie lebt und arbeitet in Offenbach am Main.

lyrix im Museum

Als weiteren Impuls zum Thema „Eintauchen (Tunken)“ möchten wir euch ein Detail der „Rosen“-Bilder von CY Twombly vorstellen, das im Museum Brandhorst zu sehen ist – unserem Partnermuseum im Juli 2021. Lisa Goldschmidt wird diesen Monat zu ihrem lyrix-Monatsthema in den Räumen des Museums eine Schreibwerkstatt für Schüler*innen der Region durchführen.

Cy Twombly
Untitled (Roses) (Detail), 2008
Acryl und Kreide auf Holz

Bei der Gestaltung seiner späten „Rosen“-Bilder aus dem Jahr 2008, 4 Teile von Acryl und Kreide auf Holz, hat Cy Twombly Verse bekannter Lyriker einfließen lassen. Für jedes der vierteiligen Gemälde wählte er ein spezifisches Gedicht aus und veränderte es stellenweise in seinem Sinne. Die Zeilen von Ingeborg Bachmann und Rainer Maria Rilke lagen ihm in übersetzter Form vor. Bei Rilkes Gedicht „Epitaph“ nahm Twombly über die ihm vorliegende englische Übersetzung in der Lesart eine bedeutungsvolle Verschiebung vor: das Schlusswort „(Augen-)Lid“ wurde durch „petal“ (Blütenblatt) ausgetauscht. So ‚schreibt‘ Twombly Rilkes Gedicht in seinem Medium neu, indem er das Weiten der Bedeutungen im Übersetzungsprozess nutzt.

Cy Twombly Untitled (Roses) (Detail), 2008 Acryl und Kreide auf Holz, 252 x 733.3 cm © Cy Twombly Foundation. Foto: Haydar Koyupinar, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Museum Brandhorst, München

Museum Brandhorst

Das Museum Brandhorst widmet sich der zeitgenössischen Kunst. Seit seiner Eröffnung 2009 hat sich das Haus als einer der zentralen Orte für Gegenwartskunst in Deutschland etabliert. Hinter der spektakulären Fassade aus 36.000 Keramikstäben erleben Besucher:innen aus aller Welt Spitzenwerke der Kunst von den 1960er-Jahren bis heute. Die Sammlung und das Programm des Museums stehen für eine vertiefte Beschäftigung mit einzelnen Künstlerpersönlichkeiten und für die intensive Auseinandersetzung mit zentralen Fragestellungen der Kunst von heute.

museum-brandhorst.de

Außenansicht Museum Brandhorst, Foto: Andreas Lechtape, © Museum Brandhorst

Weiterführendes: Videos

Lesung Gedicht und Schreibimpulse von und mit Lisa Goldschmidt

Schreibe, um zu träumen.