bitte wie geht vorbereiten

Die Jury hat entschieden!

Zu den Gewinner*innen

DAYS HOURS, MINUTES, und  SECS
[[deadline:2023-01-31 24:00:00]]

Wettbewerb im Januar 2023

Neues Jahr, neue (alte) Vorsätze? Etwas Neues lernen, öfter Sport machen, gesünder essen, erfolgreicher werden, … Gerade jetzt, zum Start des neuen Jahres, gucken wir vielleicht noch mehr Tutorials, buchen Kurse und Coachings, lesen uns Tipps und Erfahrungsberichte durch. Unser Leben wird begleitet von Optimierungswünschen – oder sollte man eher sagen: bestimmt?

Die beiden Dokumentarfilmer Jörg Adolph und Ralf Bücheler haben 2016 einen spannenden Film zu dem Thema veröffentlicht: In „Leben – Gebrauchsanleitung“ zeigen sie in kurzen Episoden ganz ohne Kommentar, wie unser Leben von der Geburt bis zum Tod von Selbstoptimierung und Vorbereitungskursen in Form von Seminaren, Beratungen, Coachings, Anweisungen und Übungen bestimmt ist. Unsicher bleibt, ob wir auf diesem Weg zu Zufriedenheit und Glück kommen und wer eigentlich festlegt, wie genau das Leben „funktioniert“ oder funktionieren sollte.

Auch Monika Rinck, unsere Monatslyrikerin im Januar, fragt in ihrem Gedicht, das wir euch hier vorstellen: „bitte wie geht vorbereiten“? Was genau soll denn vorbereitet werden? Es folgt eine fast schon atemlose Aufzählung von einzelnen Aktionen, bei der man sich schlussendlich fragt: Was bleibt denn übrig, nach diesen vordergründig oberflächlichen Fragen nach beispielsweise der richtigen Anwendung von Bräunungscreme? Wie funktioniert denn das Leben? Und kann man sich überhaupt darauf vorbereiten? Lohnt es sich, immer nach „höher, schneller, weiter“ und Reibungslosigkeit zu streben?

Trailer LEBEN GEBRAUCHSANLEITUNG
Dokumentarfilm von JÖRG ADOLPH & RALF BÜCHELER, 90 Min. Deutschland 2016

Wir wollen von euch im Januar wissen: Kann man sich den Vorgaben nach dauerhafter Optimierung entziehen? In welchen Bereichen strebt ihr nach Optimierung? Geist, Körper, Seele, Besitz, Beziehungen? Wie versucht ihr, den derzeit vermittelten Idealen entgegenzutreten? Wie könnt ihr euch eventuell davon abgrenzen, wo lasst ihr euch davon beeinflussen? Schickt uns im Januar eure Gedichte zum Thema „bitte wie geht vorbereiten“! Wir wünschen euch einen fantastischen – oder auch im besten Sinne holprigen – Start ins neue Jahr!

bitte wie geht vorbereiten

Monika Rinck

bitte wie geht vorbereiten, wie geht bräunungscreme
und haare waschen, das sind doch alte fragen,
menschheitsalter kommen da zusammen so wie
auf einer landungsbrücke stehn und schnittchen essen,
weil jemand sich verlobt, und ein orchester spielt,
und immer wieder ausgeschenkt und eingeschenkt.
dreht sich der wind, wimpelt, legt den trizeps frei,
bordüren hampeln, paspeln, angefasste oberarme, jahaa,
der unterschied zwischen champagner und fleischfarben
ist bekanntlich nur graduell. oder lieber doch (jetzt noch?)
auf die körper übergreifen, an den anziehsachen reißen
und in hinterzimmern liegen, wenn es draußen hell
und innen redlich wird. und schließlich etwas schreiben müssen,
das viel jünger ist als ich, sodass die ottern lachen müssen
und sich an den händen fassen, ringelreihn, nein, nein, nein,
das ist nicht mein dessous, das muss von jemand andrem sein.

aus: Monika Rinck, zum fernbleiben der umarmung, kookbooks 2007

Weiterführende Informationen

Monika Rinck, Foto: Ute Rinck

Monika Rinck 
Lebt als Autorin und Übersetzerin in Berlin und Wien. Im Frühjahr 2019 erschien das Lesebuch CHAMPAGNER FÜR DIE PFERDE im Fischer Verlag und der Lyrikband ALLE TÜREN bei kookbooks, im Frühjar 2023 folgt die Publikation BEGRIFFSSTUDIO 1 – 4.999 bei Spector Books. Im Jahr 2020 hielt sie die Frankfurter Poetikvorlesung, 2022 erhielt sie den Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg. Sie unterrichtet als Professorin am Institut für Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst in Wien.
begriffsstudio.de

Videos zum Monatsthema

Lesung Monatsgedicht und Schreibimpulse von und mit Monika Rinck

Schreibe, um zu träumen.